Warum ich keine Hörbücher mag

Es gibt wahrscheinlich gute Gründe für Hörbücher, sonst würden sich die Dinger nicht so gut verkaufen. Zumindest hat das den Anschein, denn wenn ich mal vergleiche, wie viele Hörbücher es vor zehn Jahren gab und wie viele es heute sind, kann man wohl eine ordentliche Zunahme kaum leugnen, was wahrscheinlich nicht unbedingt mit der Erweiterung des Mediums durch MP3 zu tun hat, denn ich den Buchläden liegen keine MP3-Dateien in der Auslage sondern (weiterhin) CDs. (Anders verhält es sich mit den eBooks, deren Reader es vor zehn Jahren noch nicht zu leistbaren Preisen zu erstehen gab.)
EDIT zur Klärung: Es geht hier um Hör*bücher*, also um vorgelesene Texte, nicht um Live-Auftritte, die zum Teil einen Dialog mit dem Publikum beinhalten oder sogar Comedy in Audioform, das ist ein anderer Sport.

Also, Gründe dafür: Faulheit, man kann nebenbei andere Dinge machen, Auto fahren z.B. oder Hausarbeit. Da hört es aber schon auf, denn ein Buch zu hören, während man anstrengendere Sachen macht wie eine Steuererklärung oder das Schreiben eines Romans, dürfte ziemlich unmöglich sein.

Die Gründe dagegen sind schon eindeutig vielfältiger und bedingen bis heute erfolgreich, dass ich Bücher lese (auf Papier oder als eBook, das macht in diesem Fall keinen Unterschied) statt sie zu hören:
  1. Ablenkung
    Wenn man Bücher hört, sind die Augen nicht damit beschäftigt, sich auf den Text zu konzentrieren und wandern (je nach Tätigkeit) mehr oder weniger ziellos in der Gegend herum. Dadurch kann man aber auch schnell abgelenkt werden. Sitzt man z.B. in der Bahn und hört ein Buch, liest dabei aber ein Plakat an einer Säule, ist es mit der Konzentration schon dahin und man hat den letzten halben Satz verpasst. (s. Punkt 4)
  2. Interpretation
    Ein vorgelesenes Hörbuch (oder ein Hörspiel nach einem Buch) beinhaltet immer auch eine Interpretation, es bleibt kaum Luft für eigene Gedanken. Der Ton, mit dem etwas gesprochen wird, die Betonung und Melodie innerhalb der Sätze nehmen vieles vorweg, was man beim Lesen selbst bestimmen kann (aber auch muss, vielleicht möchte das mancher nicht und nimmt lieber die bereits interpretierte Version). Dadurch geht ein guter Anteil individueller Erfahrung des Textes verloren. Das mag bei einem schnörkellosen, geradlinigen Thriller nicht so schlimm sein, bei anderen Büchern wiegt dieser Punkt durchaus schwerer. Was uns zum nächsten Punkt bringt:
  3. Geschwindigkeit
    Das Hörbuch hat seine eigene Geschwindigkeit, die man nicht beeinflussen kann. Ob ein Text zu schnell oder zu langsam vorgelesen wird, hängt vom Hörer ab, es gibt aber nur die eine Geschwindigkeit, der man sich anzupassen hat. Das bedingt direkt einen weiteren Punkt:
  4. Bedienung
    Hat man durch Ablenkung (s. Punkt 1) oder Geschwindigkeit (s. Punkt 3) erst einmal etwas verpasst, muss man umständlich zurück"spulen" und die Stelle suchen, ab der wiederholt werden soll, was man verpasst hat. Das ist ungleich umständlicher, als einen Absatz in einem gedruckten Buch noch einmal zu lesen. Auch mal eben ein paar Minuten zu pausieren, um einem Gedanken nachzugehen, ohne etwas aus dem Buch zu verpassen, kann je nach Erreichbarkeit der Bedienung des Abspielgeräts auch schon mal recht abenteuerlich werden.
Zugegeben: Wenn man den ganzen Tag Auto fährt, einfach nicht gerne Musik hört und auf Bücher steht, ist so ein Hörbuch vielleicht eine gute Alternative, für mich aber gänzlich überflüssig.

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